Villa Rubein

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By John Galsworthy

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"Möchten Sie nicht die Familie kennenlernen, die die Villa Rubein, das rosa Haus dort, bewohnt?" fragte Edmund Dawney Alois Harz auf einem Spaziergang längs der Flußmauer in Bozen. Lächelnd erwiderte Harz: "Vielleicht." "Kommen Sie doch heute nachmittag mit." Vor einem alten unansehnlichen und verwahrlosten Haus, das ganz allein an der Flußmauer lag, waren sie stehen geblieben. Harz stieß die Tür auf. "Treten Sie ein", sagte er. "Ihr Frühstück kann noch warten. Heute will ich den Fluß malen." Und schon eilte er die kahle breite Treppe empor; Dawney schritt gemächlich hinterdrein, den Kopf zurückgeworfen, die Daumen in den Armlöchern seiner Weste. In dem Mansardenzimmer, das das ganze Dachgeschoß einnahm, hatte Harz eine Staffelei ans Fenster gezogen. Er war ein lebhafter junger Mann, mittelgroß, breitschultrig, mit eckigem Gesicht, vorstehenden Backenknochen und scharfem, energischem Kinn. Die stahlblauen Augen unter den beweglichen Brauen hatten einen durchdringenden Blick, die Nase war lang, schmal und leicht gebogen, das dunkle ungescheitelte Haar bedeckte den Kopf wie eine Mütze. Seine Kleidung sah aus, als verschwende er kaum je einen Gedanken an sie. Der Raum, der ihm als Atelier, Schlaf- und Wohnzimmer diente, war kahl und verstaubt. Unter dem Fenster rauschte durchs Tal der Fluß hinab, der jetzt nach dem Eisgang im Frühling einem Strom flüssiger Bronze glich. Harz sprang vor der Leinwand hin und her wie ein Fechter, der die richtige Distanz herausfinden will; Dawney nahm auf einer Kiste Platz. "Der Schnee ist heuer im Nu weggeschmolzen", meinte er gedehnt. "Die Talfer kommt ganz braun herab, der Eisack blau; sie münden in die Etsch und färben sie grün; eine Frühlingsparabel für Sie, Herr Maler!" Harz mischte seine Farben. "Habe keine Zeit für Parabeln", gab er zurück, "habe für gar nichts Zeit. Wenn ich die Gewißheit hätte, neunundneunzig alt zu werden wie Tizian - ja, dem war das Glück günstig. Dagegen dieser arme Kerl, der unlängst ums Leben kam! Solch langes Ringen und dann - gerade als die Wendung zum Bessern eintrat!" Er sprach englisch mit fremdartigem Akzent; seine Stimme klang ziemlich barsch, doch sein Lächeln verriet große Güte. Dawney steckte sich eine Zigarette an. "Ihr Maler", erklärte er, "seid besser dran als die meisten von uns anderen. Ihr könnt eure eigene Richtung einschlagen. Wenn ich mir in den Kopf setze, einen Fall anders als in der hergebrachten Weise zu behandeln, und der Kranke geht dabei drauf, bin ich ...
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